Antoniuskapelle bei Münster.
Ausschnitt aus den Deckengemälden.

 
                                                                                                                
  Andere Freiheitsbegriffe  
            

Dem germanischen Freiheitsbegriff steht der Freiheitsbegriff der römischen Zivilisation gegenüber. Er ist dadurch geprägt, dass für Entscheidungen besonders geeignete Eliten zuständig sind. Diese werden "von Gott" bestimmt oder durch das Volk gewählt (im Idealfall eine parlamentarische Demokratie).

Der römische Freiheitsbegriff, auch hierarchischer Freiheitsbegriff genannt, wurde im 7.-9. Jh. von den Eliten der christianisierten Germanen übernommen. Im 11. Jh. gab es nur noch in Schottland, Norwegen und in den Alpen "germanisch organisierte" Gemeinschaften. In der Schweiz in den Waldstätten, in der oberen Leventina, im Obergoms und im Haslital.
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Im 19. Jh. verbreitete sich das
Gedankengut der Französischen Revolution: Entscheidungen werden an durch das Volk geheim gewählte Abgeordneten delegiert. Garantiert sind aber in jedem Fall Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Freiheit von Gewerbe und Handel, Gleichheit vor dem Gesetz für alle Bürger. Der grosse Vordenker war Voltaire (1694-1778).

Seit den 1970ern werden Politik und Gesellschaft zunehmend durch
soziale Freiheitsbegriffe beeinflusst. D.h. frei sein von materieller Not, übler Nachrede, Diskriminierung, schlechter Schulbildung etc. Sozialhilfe und die Förderung sozialen Wohlverhaltens sind nicht mehr nur Angelegenheit der Familie, der Bürgergemeinde und der Kirche, sondern auch Kernaufgaben des Zentralstaates.
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Freiheit im Wallis des 19. J.
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Heimatschein des Johann Pfefferle. Heute im Besitz seines Nachkommen Joseph Pfefferle, Münster.
Walliser Heimatschein, 1817 durch den Landeshauptmann der Republik Wallis unterschrieben.

1815, nach dem Sturz Napoleons, wurde das Wallis ein Schweizer Kanton (unfreiwillig, auf Druck der von Österreich geführten Siegermächte). Im Zeichen der sogenannten "Restauration" erhielt das Wallis eine Kantonsverfassung, die vor allem für die Oberwalliser die Nachteile einer modernen Demokratie mit den Nachteilen der "alten Freiheit" vereinigte.

Die Bürger mussten nun Steuern bezahlten. Es gab immer mehr Beamte und Gesetze, die im fernen, wieder französisch gewordenen Sitten beschlossen wurden. Die Zendenorganisation wurde aufgehoben. Ober- und Untergoms bildeten den Verwaltungsbezirk Goms, dem nach französischem Vorbild ein in Sitten ernannter Präfekt vorstand. Dieser wachte über die Einhaltung der Verfassung, die sogar vorschrieb, dass nur Angehörige bestimmter Berufsstände sich zur Wahl stellen durften - und dies auch nur mit Zustimmung der Obrigkeit. Da nur der Kanton Wallis eine derartige Einschränkung der Bürgerrechte kannte, erhielt er damals den Ruf, ein besonders rückständiger Kanton zu sein.

Erst 1839 erhielten wieder alle Bürger das Recht, gewählt zu werden. Damit war das Wallis wieder formal eine Demokratie, entfernte sich aber sonst immer mehr von der "alten Freiheit". Ein Beispiel:

1843 musste der Obergommer Johann Baptist Werlen eine "Unterwerfungsurkunde" unterzeichnen und eine Busse bezahlen. Dies auf Anordnung der Walliser-Regierung im Zusammenhang „des désordres qui ont éclatés dans la commune de Münster“. Auslöser war ein Gesetz zur Bekämpfung von Viehseuchen. Das Gesetz erschwerte den Viehhandel mit Italien und dem benachbarten Kanton Bern. Johann-Baptist Werlen war einer der Wortführer der 81 Münstiger-Bauern, die dieses Gesetz ablehnten ("... tendent à diminuer le respect et l'obéissance dus au pouvoir exécutiv"). Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung sollte Münster sogar militärisch besetzt werden („... pour ramener dans cette commune l’empire de la loi“)!
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Quellen:
Blätter zur Wallisergeschichte, insbesonders die Beiträge von Hans Anton von Roten.
La révolution bas-valaisanne de 1790, von P. Devanthey.
Le récit de la révolution bas-valaisanne de 1790, von J.M. Clément.
Leidensgeschichte des Oberwallis 1798-1813, Walliserjahrbuch 1986, von Erwin Jossen.
Die politische Geschichte des Wallis 1815-1844, von Dr. Andreas Seiler.
Le Valais de 1840-1844, von M. Rilliet.
Dokumente zum Dorfstreit in Münster 1841-1843, von Josef Bielander.
Oberwallis 1840 bis 1990, von Alois Grichting.
Der soziale Freiheitsbegriff, von Franz Osterroth.
Treue und Ehre, von P. de Vallière.
Schweizer in fremden Diensten, von Hans Rudolf Fuhrer und Robert-Peter Eyer.
Die phantastische Geschichte der freien Schweiz, von Sergius Golowin.
Hexen und Hexenprozesse im Wallis, von Pfarrer Peter Jos. Kämpfen.
Die Geschichte der Schweiz, Wikipedia
u. A.

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